Geistliche Begleitgespräche und Seminare zum Herzensgebet und Mystiker.
Hanns-Hinrich Sierck
Als ich mich 1979 durch mein Theologiestudium auf den Weg einer scheinbar antwortgebenden Suche nach Gott machte, ahnte ich noch nicht, dass am Ende des Studiums meine Fragen zahlreicher waren als zuvor. Damit wurde ich nun auf die Menschheit losgelassen. Ich wurde Pfarrer, der Menschen in ihrem Glauben stärken und begleiten sollte, aber beides eigentlich selber dringend nötig gehabt hätte.
Vor meinem Studium lebte ich in Giessen als „überzeugter Christ“ im Verein des CVJM (Christlicher Verein junger Menschen). Ich wurde geprägt von einer tief geistlich gelebten Gemeinschaft, die nicht nur in ihrer Frömmigkeit wurzelte, sondern geistliches Leben mit der Erfahrung sozialen Lebens zusammenband. Ich lebte also geerdet und nicht abgehoben in einer eigenen Welt religiösen Daseins. Doch den frühen Tod meines Vaters (ich war 2 Jahre alt) konnte , im Nachhinein gesehen, auch das Zusammensein mit lieben und wertvollen Menschen im CVJM nicht auffangen. Immer wieder traten in mir Traurigkeit und Ängste zu Tage, die ich in meiner Jugend und jungen Erwachsenenzeit zwar spürte, aber mit ihnen nicht umgehen konnte. Nach außen hin war ich ein kommunizierender lebendiger Bursche, aber im Inneren meines Wesens, existierte oft Einsamkeit.
Im tiefsten meines Herzens suchte ich trotz meines gelebten Glaubens und der zahlreichen Begegnung mit Menschen nach Halt und Frieden. Irgendwie meinte ich nicht zu genügen, nicht das zeigen und tun zu können, was andere von mir aus meiner Sicht erwarteten. Doch Frieden bei anderen, quasi im Außen, zu suchen und zu finden, war ein Trugschluss. Dieser Weg führt in die Abhängigkeit und weit weg von einem selbst.
Martin Buber sagte:
"Man kann den Frieden nirgends anders suchen als bei sich selbst, Bis man ihn da gefunden hat. Erst wenn der Mensch in sich selber den Frieden gefunden hat, kann er daran gehen, Ihn in der ganzen Welt zu suchen."
Dies zu erkennen, dazu verhalf mir erst ein körperlicher Hinweis vor 15 Jahren - die Diagnose auf Prostatakrebs. Ganz auf mich geworfen, fing ich an, mir selber mehr zu vertrauen und zu erfahren, dass die Suche nach Gott immer zugleich in mir selber beginnt. Gott suchen im Außen ohne mich selber gefunden zu haben, ist ähnlich dem Gleichnis des verlorenen Sohnes in Lukas 15. Der Sohn sucht seine ganze Erfüllung im Außen, verlassen von der inneren Haltung des in sich Geborgen-Seins verliert er mehr und mehr die Orientierung. Erst in der eigenen Umkehr, der Wahrnehmung seines Daseins, erfährt er die Änderung und den Weg zu Gott in seinem Herzen.
Ein neuer spiritueller Weg erfüllte mein Herz, und ein biblischer Vers, der mich schon von Jugend an begleitet, gewann in mir nochmal eine neue eigene Qualität:
Ich lebe, doch nun nicht ich lebe, sondern Christus lebt in mir.
Mir wurde bewusst, Spiritualität im Geiste Jesu Christi, in seiner ganzen Universalität, hat also mit mir zu tun, mit Erfahrung und Lebendigkeit, Kreativität und Wahrnehmung, mit Herz und Haltung, mit meiner Ganzheit - Leib, Seele und Geist.Innere Türen öffneten sich bei mir, die gefühlt, sich schon lange öffnen wollten. Ich nahm wahr, ganz langsam, wer ich wirklich bin.
Eckhart Tolle dazu:
"Sobald du weißt, wer du wirklich bist, überkommt dich ein lebhaftes, anhaltendes Gefühl des Friedens. Man könnte es Freude nennen, denn so ist Freude: ein vor Lebendigkeit vibrierender Friede. Es ist die Freude, sich selbst als Essenz des Lebens, bevor es Gestalt annimmt, zu erfahren. Das ist Daseinsfreude - die Freude, der zu sein, der du in Wahrheit bist."
Wenn man sich immer mehr selber kennenlernt und lernt sich anzunehmen, bemerkt man auch, sich selbst nicht mehr so wichtig zu nehmen. Dies war für mich ein wichtiger Schritt, mir selbst mit Humor zu begegnen, und meine Gefühle kennenzulernen.
Kannte ich aus meiner Zeit im CVJM „die Stille Zeit“, in der man sich einem Bibeltext widmet, über ihn nachdenkt und ein Gebet spricht, rückte nun die Stille in den Vordergrund. Ich fing an, regelmäßig zu meditieren, der Stille zu lauschen und im Hören der Gegenwart Gottes ganz nahe zu sein.
Als mein Gebet immer andächtiger und innerlicher wurde, Da hatte ich immer weniger und weniger zu sagen. Zuletzt wurde ich ganz still. Ich wurde, was womöglich noch ein größerer Gegensatz zum Reden ist, Ich wurde ein Hörer. Ich meinte erst, Beten sei Reden. Ich lernte aber, dass Beten nicht bloß Schweigen ist, sondern Hören. So ist es: Beten heißt nicht, sich selbst reden hören. Beten heißt still werden und still sein und warten, Bis der betende Mensch Gott hört. Sören Kierkegaard
In meiner Zeit als Pfarrer in Südafrika (1991 - 1997) leitete ich ein Seminar zum Thema Beten. Einer der Teilnehmer fragte mich damals, was Beten für mich persönlich bedeute. Recht spontan sagte ich: Mein Leben ist ein Gebet. Heute würde ich sagen: Ich lebe permanent in der Gegenwart Gottes. Er schaut mich an, und ich schaue ihn an. Er lebt in mir und ich in ihm. Doch alles ist ein Versuch, etwas auszudrücken, was man letztlich nicht erklären kann.
Und dennoch: Begreife ich mein Leben als Gebet, drückt sich darin meine Lebenshaltung aus. Vorsichtig gesagt, eine kontemplative Lebenshaltung. Vorsichtig deshalb, weil ich mit Franz von Sales sagen möchte:
Wenn dein Herz wandert oder leidet, bring es behutsam an seinen Platz zurück und versetze es sanft in die Gegenwart Gottes. Und selbst wenn du in deinem Leben nichts anderes getan hast, außer dein Herz zurückzubringen und wieder in die Gegenwart Gottes zu versetzen, obwohl es jedes Mal wieder fortlief, nachdem du es zurückgeholt hattest, dann hast du dein Leben wohl erfüllt.
Meine kontemplative Lebenshaltung ist nicht festgeschrieben, sie entfaltet sich immer wieder neu. Und jeder Augenblick des Lebens entscheidet, was sich darin ereignen wird. So bin ich kein besonderer Heiliger, sondern ganz und gar Mensch, der sich jeden Tag neu versucht wahrzunehmen und anzunehmen, so wie ich bin.Mit dieser Erfahrung und Einstellung gehe ich bewusst in jedes Herzensgebetsseminar, Mystikerseminar und jedes Begleitgespräch. Dabei ist jedes von mir gesprochene Wort nicht Gesetz, sondern Ausdruck dessen, was ich für mich erkannt habe und mit euch allen teilen möchte.
Franz Jalics:
Der Exerzitienmeister wendet keine Technik an. Er zeigt einen Weg, den er selber gegangen ist und selber lebt. Das persönliche Zeugnis spielt eine bedeutende Rolle. Ohne dieses Zeugnis wird die Botschaft blaß, kraftlos und abstrakt."
Denn wo dein Schatz, da ist auch dein Herz. - Matthäus 6,21
Gesellschaftsstrukturen zerfallen, sind unpersönlich und unnatürlich geworden. Familienbande werden brüchig und der Glaube steht unter einer enormen Herausforderung. Die Sehnsucht nach innerem Frieden, nach Menschsein, nach lebendiger Gottesnähe ist der tiefe Wunsch vieler Menschen.
Mehr denn je, so ist meine Erfahrung der letzten Jahre, suchen Menschen geistliche Begleiter, die sie in ihrer Unruhe, Orientierungslosigkeit und Unzufriedenheit nicht verurteilen oder vorschnelle Antworten geben, sondern unterstützen und mit ihnen verbunden sind.
Geistliche Begleiter sind Menschen, die sich gleichfalls in dieser Welt mit all ihren Fragen und Problemen bewegen. Sie sind nicht abgehoben und wissen alles besser. Sie sind selber unterwegs.
Dies ist zumindest mein eigener Ansatz. In der Begleitung fahre ich mit der zu begleitenden Person in einem Boot Für das Gespräch sind mir dementsprechend drei Pfeiler wichtig:
Zuhören - Nachfragen - Impulse
Gleichsam ist es bedeutend zu merken, dass das Gespräch nicht zu einer „Geschichten - Erzählstunde“ wird und sich möglicherweise ein auf bestehende Probleme zielendes Frage - Antwort - Spiel (die zu begleitende Person fragt und ich antworte) entwickelt, sondern der Fokus bei der Person bleibt, in der Wahrnehmung, dem sich selbst neu entdecken und dem Vertrauen, in Gottes Gegenwart zu sein.
Ein Begleitgespräch findet in einem geschützten Raum statt, in dem sich zwei Personen immer wieder neu begegnen und beide spüren, dass ein vertrauensvolles Verhältnis besteht.
„Die Welt schaffen, vollenden und entsühnen, so lesen wir bereits bei Paulus und Johannes, ist für Gott die Einigung der Welt in einer organischen Vereinigung mit sich selbst … Als Prinzip universeller Lebenskraft hat Christus, indem er als Mensch unter Menschen erstanden ist, seine Stellung eingenommen, und er ist seit je dabei, den allgemeinen Aufstieg des Bewusstseins, In den er sich hineingestellt hat,unter sich zu beugen, zu reinigen, zu leiten und aufs Höchste zu beseelen.“ - Pierre Teilhard De Chardin (1880 - 1955)
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